Foto Petrov Ahner

Foto: Petrov Ahner

Der unverhältnismäßige Einsatz der Polizei in vielen Städten der Türkei muss ein Ende haben. Die exzessive Gewalt ist aufs Schärfste zu verurteilen.

Nicht nur in Deutschland haben sich die Menschen mit den Demonstranten in der Türkei solidarisiert. Auch in London, Boston und vielen anderen Städten werden die Rufe nach einem Rücktritt von Premierminister Erdogan immer lauter: „AKP istifa!“

Aber was ist eigentlich passiert? Der beliebte Gezi-Park im Zentrum Istanbuls soll dem Bau eines Einkaufszentrums sowie anderer Bauprojekte weichen. Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht gefragt. Der Premierminister will das so, also hat es zu geschehen. Und so werden die friedlichen Proteste der Umweltaktivistinnen und –aktivisten gegen die Zerstörung dieser einmaligen Grünfläche mit einem unverhältnismäßigen Eingreifen seitens der türkischen Polizei beantwortet. „Egal was passiert, der Gezi-Park wird abgerissen. Wir lassen uns nicht von ein paar Plünderern in unserem Vorhaben stoppen“, so Erdogan. Erdogans Beharrlichkeit in dieser Sache mündet in brutalste Polizeigewalt gegen die Demonstranten. Massen von Menschen in Istanbul, Ankara, Adana und anderswo werden mit Pfefferspray und Tränengas attackiert, sollen mundtot gemacht werden. Das ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig und erinnert an einen Polizeistaat.

Der Gezi-Park war jedoch nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Er wird zum Symbol eines viel umfassenderen Protestes: zum Symbol des Kampfes gegen den immer präsenter werdenden repressiven Staat, gegen die derzeit um sich greifende faschistoide Entwicklung in der Türkei. Vorangegangen waren immer weitreichendere Eingriffe in die Lebensweise der Menschen. Man erinnere sich nur an die jüngsten Einschränkungen: das Kussverbot in der Öffentlichkeit, das Verbot von rotem Lippenstift für Flugbegleiterinnen der halbstaatlichen Fluggesellschaft Turkish Airlines, die massive Verschärfung des Alkoholgesetzes und vieles andere mehr. Zustände wie unter Sultan Murat IV. Der untersagte seinerzeit nicht nur den Genuss von Tabak, sondern soll viele, die Alkohol konsumierten, mit dem Tode bestraft haben. Die Verschärfung des Alkoholverbots begründete Erdogan wie folgt: „Was hat die Liberalisierung des Alkoholkonsums durch zwei Säufer zu sagen, wenn im Koran ein Alkoholverbot vorgesehen ist?“ Mit Säufern meint er die Gründer der Türkischen Republik nach westlichem Vorbild.

Alles, was Erdogan zu den anhaltenden Protesten einfällt, ist: „Wenn die Aktivisten 100.000 versammeln, bringe ich Millionen herbei. Hinter mir stehen über 50 Prozent der Bevölkerung.“

Meine Solidarität gilt den friedlichen Demonstranten.

AKP istifa!