Ich habe heute gegen den Antrag der Koalitionsfraktionen „CETA ‒ Für freien und fairen Handel“ gestimmt.

Der Antrag lässt der Bundesregierung im Ministerrat freie Hand CETA in der vorliegenden Fassung zuzustimmen. Die von der SPD aufgestellten „Roten Linien“ hätten im Vertragstext enthalten sein müssen und nicht in noch zu erreichenden Protokollerklärungen.

Zum anderen berücksichtigt der Antrag der Koalition für das kommende parlamentarische Verfahren nicht alle Punkte des SPD-Konventsbeschluss‘ vollumfänglich: Es fehlen, u.a. der Sanktionsmechanismus bei den ILO-Normen und eine scharfe Definition der Rechtsbegriffe beim Investorenschutz.

Sollten die „Roten Linien“ nicht rechtsverbindlich festgeschrieben werden, werde ich bei der endgültigen Abstimmung im Bundestag nicht zustimmen.

 

Meine Entscheidung habe ich in der folgenden Erklärung ausführlich begründet:

Erklärung nach §31 GO der Abgeordneten Cansel Kiziltepe zu der Abstimmung über die Drucksachen 18/9663, 18/9665, 18/9621 der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 22.09.2016

Der Beschluss des SPD-Konvents vom 19.09.2016 enthält eine inhaltlich gute Bewertung des vorliegenden CETA Vertragsentwurfs. Dieser Beschluss zeigt deutlich, dass wir in der augenblicklichen Fassung von CETA weit vom vermeintlichen „Goldstandard“ entfernt sind, sogar tatsächlich wichtige „rote Linien“ reißen. Verursacher ist dabei oftmals nicht die neue kanadische Regierung, sondern die zuständige neoliberal agierende Generaldirektion Handel der EU Kommission. Die bisherige Haltung in den Gesprächen und Anhörungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kommission hat gezeigt, dass dort die notwendige Problemwahrnehmung für die kritischen Punkte im Abkommen so gut wie nicht vorhanden ist.

Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen ist keine Zustimmung zu CETA in der vorliegenden Fassung. Trotzdem kann ich diesem Antrag nicht zustimmen, da ich das Verfahren, erst im Ministerrat zuzustimmen und danach Verbesserungen erreichen zu wollen, für nicht zielführend halte.

Die Forderung, entweder unsere Verbesserungen in das Abkommen zu verhandeln oder als einzige Alternative eine Außerkraftsetzung, wird dann auch gegenüber unseren europäischen Partnern schwerer zu vermitteln sein als jetzt, vor der Unterzeichnung des Vertrages.

Neben den Bedenken zum Verfahren habe ich auch inhaltliche Bedenken.

Es ist bedauerlich, dass ausgerechnet zu den ILO – Kernarbeitsnormen die Formulierung des SPD Konvents nicht übernommen wurde.

Weiterhin fehlt eine wesentliche Formulierung zur Einschränkung der neuen Gerichtsbarkeit im Verhältnis inländische und ausländische Investoren und Bürger. Das Klimaschutzabkommen von Paris wird ebenfalls nicht thematisiert.

Die folgenden Formulierungen aus dem Konventsbeschluss in den Antrag wären für mich hier zwingend für eine Zustimmung gewesen:

  1. „Im Bereich des Investorenschutzes muss mit Blick auf die Rechtstatbestände, wie z.B. ‚faire und gerechte Behandlung‘ und ‚indirekte Enteignung‘ sichergestellt werden, dass keine Bevorzugung von ausländischen gegenüber inländischen Investoren oder Bürgerinnen und Bürgern stattfinden. Investorenschutz sollte somit auf die Diskriminierung gegenüber inländischen Investoren beschränkt werden.“
  2. „Anders als im Prozess der WTO ist es der Staatengemeinschaft gelungen, im Jahr 2015 gemeinsam globale Nachhaltigkeitsziele und das Pariser Klimaschutzabkommen zu beschließen. Unter Bezugnahme auf Art. 24.4 (Kapitel Handel und Umwelt) ist durch die Vertragsparteien zu betonen, dass diese Abkommen von großem Wert sind und das CETA-Abkommen und die darin beschriebene Handels- und Wirtschaftspolitik sich an diesen Zielen orientiert.“
  3. „Im Rahmen des Beratungsprozesses ist ein Sanktionsmechanismus bei Verstößen der Partner gegen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards zu entwickeln. Die acht ILO-Kernarbeitsnormen müssen ratifiziert werden. Der soziale Dialog ist effektiv auszugestalten, sodass das Verfahren zur Durchsetzung von Standards wirkungsvoll genug ist und durch Sanktionsmöglichkeiten ergänzt wird.“

Insgesamt weiß ich aber auch zu schätzen, was die SPD-Fraktionsführung hier mit der Union erreicht hat. Ich begrüße ausdrücklich, dass in der Stellungnahme deutlich zum Ausdruck kommt, dass der Deutsche Bundestag erst im Ratifizierungsverfahren abschließend über seine Zustimmung zu CETA  entscheiden wird, je  nachdem  ob unsere  geforderten Änderungen nach unserer Einschätzung  umgesetzt  wurden  oder  nicht.

Den  Anträgen  von  Linken  und  Grünen  stimme  ich  inhaltlich  aus  den  eingangs skizzierten Erwägungen zum weiteren Verfahren in ihrem Forderungsteil zu, nämlich CETA jetzt nicht im Ministerrat zu unterzeichnen. Allerdings kann ich den inhaltlichen Begründungen bei beiden Anträgen aus unterschiedlichen Gründen nicht zustimmen. So werden in der Stellungnahme der Grünen zu CETA die Arbeitnehmerrechte bzw. ILO-Kernarbeitsnormen gar nicht erwähnt und bei den Linken finden sich etliche falsche Behauptungen im Begründungsteil.

Im Ergebnis meiner Abwägung werde ich daher bei allen drei Anträgen mit Nein votieren.

Cansel Kiziltepe, MdB
Berlin, 22.09.2016