Sehr geehrter Herr Präsident,
der Kampf gegen Steuervermeidung und -hinterziehung ist wie der Kampf gegen eine mehrköpfige Hydra. Kaum hat man einen Kopf abgeschlagen, wachsen zwei nach. Herr Schäuble, eine Aussage von Ihnen, die viel Wahres beinhaltet. Aber wir sollten deswegen nicht den Kopf in den Sand stecken.
Ganz im Gegenteil: Wir müssen besser werden. Wir müssen die Köpfe schneller abschlagen. Und damit wir das machen können, brauchen wir die Anzeigepflicht für Steuergestaltungen. Es kann nicht sein, dass Behörden und wir hier im Bundestag erst Jahre nach der Entstehung eines Steuerschlupfloches reagieren können. Es dauert oft Jahre, bis wir Steuerschlupflöcher im Bundestag diskutieren. Das sind Jahre, in denen die Ehrlichen draufzahlen, weil die Trickser sich drücken.
Share Deals sind dafür ein gutes Beispiel. Hätte es die Anzeigepflicht schon früher gegeben, würden die Kollegen der Union vielleicht auch etwas weniger Einlesezeit benötigen. Klar ist doch: Wir müssen handlungsfähiger werden; denn die Steuerberater sind es bereits. Einen Staat, der vorne und hinten ausgetrickst wird, können wir uns nicht leisten. Davon profitieren nur diejenigen, die bereits jetzt viel haben. Die Allgemeinheit hingegen zahlt den Preis: mit maroden Straßen, fehlendem öffentlichem Wohnungsbau und sanierungsbedürftigen Schulen sowie Universitäten – ein Zustand, den wir mit allen Mitteln bekämpfen müssen.
Damit wir einen Schritt weiterkommen, brauchen wir die Anzeigepflicht. Am liebsten hätten wir die Anzeigepflicht nicht nur für grenzübergreifende Steuergestaltungsmodelle, sondern auch für rein innerdeutsche Modelle. Kollege Brehm von der Union sieht das auch so. Doch zu so viel Einsatz im Kampf für Steuergerechtigkeit wollte die Union sich insgesamt bisher nicht bekennen.
Wir werden es aber in den kommenden Beratungen noch mal auf die Agenda setzen.