Vor zwei Jahren, im September 2014, hat der SPD-Parteikonvent einen Anforderungskatalog für die Freihandelsabkommen CETA und TTIP beschlossen. Die Vertragsverhandlungen zu CETA sind mittlerweile beendet und ich muss ich leider bis jetzt feststellen: Die damals gezogenen roten Linien werden trotz vieler Verbesserungen, die maßgeblich auf Sigmar Gabriel zurückgehen, immer noch nicht eingehalten.
Dazu sind drei Punkte als Beispiele zu nennen:
Erstens fehlt weiterhin ein Zeitfenster zur Ratifizierung der ILO-Kernarbeitsnormen. Es besteht durch CETA keine Pflicht zur Einführung. Die Ratifizierung wird lediglich beabsichtigt. Arbeitnehmerrechte werden im Vergleich zu Investorenrechte weiterhin geringer gewichtet.
Zweitens genügt der geplante Handelsgerichtshof trotz Verbesserungen weiterhin nicht den Anforderungen an Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit. Es fehlen die Einklagbarkeit sozialer Rechte sowie der Schutz der Umwelt. Gewerkschaften haben kein Klagerecht vor dem geplanten Handelsgericht.
Drittens hat der Konvent gefordert, eine Übernahme von Verpflichtungen bei der Daseinsvorsorge auszuschließen und die Entscheidungsfreiheit der Kommunen bei der Daseinsvorsorge zu erhalten. Eine allgemeine Ausnahme der Daseinsvorsorge ist im Vertragstext nicht enthalten. Daher wäre eine Positivliste wie vom Konvent gefordert der richtige Ansatz gewesen. In einer Positivliste werden diejenigen Bereiche genannt, die liberalisiert werden dürfen. Die nun vorliegende Negativliste ist unvollständig. Es gibt beispielsweise keine Ausnahmen für lokale Netze bei Gas, Strom und Fernwärme oder dem sozialen Wohnungsbau. Das ist schlecht für Berlin, denn wir wollen in diesen Bereichen rekommunalisieren.
Die EU-Kommission will nun zusammen mit der Mehrheit der nationalen Regierungen Teile des Abkommens vorläufig in Kraft setzen. Die nationalen Parlamente werden nicht gefragt, nur das EU-Parlament müsste zustimmen. Formal ist das Verfahren korrekt, wenn wirklich sichergestellt wäre, dass durch diese Teile keine nationalen Zuständigkeiten berührt sind. Hierzu kann es aber in der Kürze der Zeit keine ernsthafte Prüfung mehr geben. Letztlich entscheidet damit die EU-Kommission welches Recht fortan in Deutschland gilt. Als Abgeordnete ist mir bisher nicht bekannt, welche Teile angewendet werden sollen und welche nicht. Ich finde das falsch. Die EU verspielt damit Vertrauen bei vielen Menschen in Europa.
Dass die Anwendung nur vorläufig sei, ist jedoch trügerisch. Denn sie gilt, bis CETA entweder in Gänze angenommen wird oder der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit beschließt, die vorläufige Anwendung zurück zu ziehen. Beides ist nicht wahrscheinlich. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass es nachträglich weitere Verbesserungen geben wird.
Und ein weiteres Problem bleibt: Die Rechte, die kanadischen Investoren eingeräumt werden, gelten auch für Investoren aus den USA. Sie benötigen nur eine Tochtergesellschaft in Kanada.
Da die Verhandlungen zu CETA bereits sieben Jahre gedauert haben, sollte man nun die Konsequenzen ziehen und das Abkommen für gescheitert erklären. Für mich gilt der Beschluss der Berliner SPD vom 5. September: Wir lehnen CETA ab!
Daher rufe ich gemeinsam mit meinem Kreisverband, der SPD Friedrichshain-Kreuzberg und dem Landesvorstand der Berliner SPD dazu auf, am 17.09.2016, ab 11.30 Uhr (Auftaktkundgebung: Alexanderplatz) zur Demonstration gegen CETA und TTIP zu kommen: http://ttip-demo.de/bundesweiter-demo-tag/berlin/
Weitere Informationen und einen sowohl fundierten wie auch verständlichen Text der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) NRW zum aktuellen Verhandlungsstand bei CETA sind hier zu finden: https://assets02.nrwspd.net/docs/doc_67308_2016912203249.pdf