Die Mietenexplosion trifft viele Menschen in unseren Städten. Doch es sind nicht nur Mieter*innen, die um ihre Wohnung fürchten. Es sind auch die Spätis, Bäckereien und kleinen Kneipen von nebenan, denen die Mieten über den Kopf wachsen. Anders als Wohnungsmieter*innen sind sie der Verdrängung nahezu schutzlos ausgesetzt. Die Fälle ziehen sich durch ganz Deutschland: der Tischler in Altona, die Schwabinger Kneipe oder der Kreuzberger Spätkauf –alle wurden bereits Opfer steigender Gewerbemieten.
Für sie gibt es kein Mietrecht, mit dem sie sich zu Wehr setzen können: keine Mietpreisbremse, keinen Mietspiegel, keinen Kündigungsschutz. Es gibt kein Gewerbemietrecht, das sie schützt. Auf einem angespannten Markt steht es Vermieter*innen quasi frei, mit einer Vervielfachung der Miete für ein bisschen mehr Rendite ein Kleingewerbe direkt in den Ruin zu treiben.
Aber ist es nicht ein Grundrecht, vor einem unverschuldet und mutwillig aufgedrückten Bankrott geschützt zu werden? Die Vermieter*innen berufen sich zwar auf ihr Eigentumsrecht und auf das freiwillig eingegangene Risiko der Gewerbetreibenden am Markt. Doch das Eigentum macht sie nicht frei von Verantwortung. Im Gegenteil: Privates Eigentum muss auch die Rechte anderer, auch die der Kleingewerbetriebenden respektieren. Wenn eine Kündigung zur Existenzvernichtung führt, dann ist dies ein Eingriff in ihre Grundrechte. Es muss eine Abwägung getroffen werden. Wo die Vernichtung von Existenzen droht, müssen Vermieter*innen zurückstecken. Wer den Schutz des Eigentums hochhält, muss auch den Schutz von kleinen Gewerbetreibenden anerkennen.
Es geht hier um die Ausrichtung unserer Wirtschaftsordnung. Eine soziale Wirtschaftsordnung hat dieses Attribut nicht verdient, wenn einzelne Marktteilnehmende andere durch einen Handwink ruinieren können. Wir brauchen ein Mietrecht, das auch kleine Gewerbe und soziale Einrichtungen schützt. Eine Gewerbemietpreisbremse kann hier ein wichtiger Baustein sein.
Dieser Beitrag erschien am 09. Oktober 2019 in der taz.