Der Bundestag hat mit großer Mehrheit das Gesetz zur Tarifeinheit angenommen. Im Vorfeld gab es aus den Reihen von ver.di und anderen Gewerkschaften, aber auch von ArbeitsrechtlerInnen massive Bedenken gegen diese Regelung. DGB, Industriegewerkschaften und die Dachverbände der ArbeitgeberInnen hatten sich für das Gesetz ausgesprochen. Nun werden wohl Gerichte entscheiden müssen, ob das Gesetz verfassungsgemäß ist.
Mit dem Tarifeinheitsgesetz sollen Konflikte bei der Geltung von Tarifverträgen geregelt werden. Demnach würde im Falle einer Tarifkollision nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft angewendet, die die meisten Mitglieder im gesamten Betrieb hat. Von einer Tarifkollision wird gesprochen, wenn mehrere Tarifverträge unterschiedliche Regelungen für ein und dieselbe Gruppe von Beschäftigten gelten. In vielen Fällen wird eine solche Kollision durch die Abstimmung über Zuständigkeiten, Tarifgemeinschaften oder Ergänzungen von bestehenden Tarifverträgen zwischen den verhandelnden Gewerkschaften vermieden.
Die Kritik am Gesetz zielt jedoch darauf, dass kleinere Gewerkschaften nicht für einen eigenständigen Tarifvertrag streiten können. Haben sie weniger Mitglieder als eine andere Gewerkschaft wird ihr Tarifabschluss automatisch verdrängt. Da das Streikrecht aber an die Erzielung eines Tarifvertrags gebunden ist und genau das nicht mehr möglich ist, kommt diese Situation einem Streikverbot gleich. Das Streikrecht aber leitet sich aus dem Grundrecht der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit, die in Art. 9 GG gesichert ist, ab.
Diese Bedenken müssen SozialdemokratInnen sehr ernst nehmen. In meinen Augen wurden diese Befürchtungen auch während des Gesetzgebungsverfahrens nicht ausgeräumt. Unter diesen Umständen hätte ich dem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Es ist wahrscheinlich, dass nach dem Inkrafttreten der Reform Gewerkschaften klagen werden. Über den Ausgang kann man nur spekulieren, aber ich halte es leider für sehr wahrscheinlich, dass das Gesetz letztlich durch Gerichte gekippt wird.