Unter der Überschrift Doppelte Staatsbürgerschaft habe ich am Dienstag den 06. Mai 2014 mit dem Neuköllner Bundestagsabgeordneten, Fritz Felgentreu, zu einer Fraktion vor Ort eingeladen. Im Hoftheater des Jugendzentrums Naunynritze diskutierten Expertinnen und Experten der Migrantenverbände vor über 60 Gästen den anstehenden Gesetzentwurf. Der Bundestag wird sich in den kommenden Wochen mit der Abschaffung der Optionspflicht beschäftigen, wie sie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart wurde.
Uli Grötsch, MdB und zuständiger Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion informierte die Anwesenden über die schwierigen Verhandlungen mit CDU und CSU und legte die Eckpunkte des Gesetzentwurfes dar. Fuat Sengül (Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg), Irfan Kizgin (Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V.) und Joel Cruz (Verband der Migrantenwirtschaft) hatten Gelegenheit ihre Stellungnahmen zu den Änderungen vorzutragen.
Eine generelle Mehrstaatigkeit hatten die Unionsparteien bereits bei den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag abgelehnt. Geht es nach dem Gesetzentwurf, der nun dem Bundestag vorliegt, wird die Optionspflicht abgeschafft. Junge Menschen zwischen 18 und 23 müssen sich dann nicht mehr zwischen der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern und dem deutschen Pass entscheiden.
Im Vorfeld hatte die CDU-Fraktion versucht, die Vereinbarung im Koalitionsvertrag wieder aufzuweichen. Junge Menschen hätten zum Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft nachweisen müssen, dass sie auch in Deutschland aufgewachsen sind. Nach der Intervention der SPD wurde dieses Prinzip umgekehrt. Mit Vollendung des 21. Lebensjahres müssen die Behörden tätig werden und die Voraussetzungen prüfen. Liegen entsprechende Informationen aus dem Melderegister (Schulabschluss, Berufsausbildung oder dauerhafter Wohnort in Deutschland seit 8 Jahren) vor, muss darüber hinaus nichts geprüft werden. Für die meisten Betroffenen dürfte dies geräuschlos und ohne bürokratische Hürden passieren.
Die eingeladenen Experten kritisierten den Koalitionsvertrag in diesem Punkt als nicht weitrechend genug. Ältere Menschen, die nicht unter die Optionspflicht fallen, bleibt der Weg zum Doppelpass weiterhin versperrt. Trotzdem sei der jetzt gefundene Kompromiss ein Schritt in die richtige Richtung. Ich habe in meinem Schlusswort daran erinnert, dass die CDU 1999 eine Unterschriftenkampagne gegen die damals geplante Doppelte Staatsbürgerschaft geführt hatte. Die SPD dagegen spricht sich schon seit sehr langer Zeit für die Mehrstaatigkeit aus. Auch wenn es angesichts des Wahlergebnisses im vergangenen Jahr nicht zu mehr gereicht hat, hilft der Gesetzentwurf doch ungefähr 400.000 Menschen in den kommenden Jahren, die sich sonst zwischen zwei Staatsangehörigkeiten hätten entscheiden müssen.