Der Fall Zypern hat es erneut gezeigt, um die Krise des Euroraums wirklich zu überwinden, bedarf es eines allseitigen fundamentalen Umdenkens in der europäischen Wirtschaftspolitik. Was an der Oberfläche als eine Debatte um die vermeintliche Rettung russischer Geldwäscher aufschien, war in Wahrheit ein viel grundlegenderer Streit darum, ob das zypriotische Geschäftsmodell einer Banken- und Steueroase mit den Erfordernissen einer Währungsunion vereinbar ist. Ist es nicht. Denn es basiert schlicht darauf, dass Kapitalströme aus rein steuerlichen und regulativen Gründen aus anderen Währungsgebieten, aber auch aus den Mitgliedsstaaten des Euroraums zu zypriotischen Banken fließen. Dies geschieht also nicht, weil zypriotische Banken so viel besser wären als andere, sondern weil man auf diese Art z.B. Steuern sparen kann.
Dies hat nichts mit marktwirtschaftlichem Wettbewerb, wohl aber mit Standortwettbewerb zu tun. Ersterer ist vernünftig, weil er zu besseren und günstigeren Produkten führt. Letzterer ist schädlich, weil er Volkswirtschaften ruiniert und wirtschaftliche Ressourcen zugunsten reicher Steuerzahler verschwendet. Bevor man aber nun mit dem Finger auf Zypern zeigt, sollte man sich vergegenwärtigen, dass niemand den Standortwettbewerb so perfektioniert hat wie Deutschland, nur nicht mit Banken. Aber die Deregulierung des Arbeitsmarktes, der Ausbau des Niedriglohnsektors und teilweise massive Steuersenkungen sind wesentlicher Teil des deutschen Beitrags zu einem Standortwettbewerb, der den Euroraum destabilisiert hat.
Die Krisen der vergangenen Jahre sollten uns aber nun eines gelehrt haben. Nämlich, dass es dieser Form von Wettbewerb nunmehr Einhalt zu gebieten gilt. Neben den kurzfristigen Rettungsmaßnahmen, die unumgänglich sind, gilt es auf lange Sicht, eine Verständigung unter den Ländern des Euroraums herbeizuführen, wie Wettbewerb im Euroraum stattfinden soll. Eine Fortsetzung des Standortwettbewerbs mit Steuersenkungen, Lohndruck und Sozialabbau führt in die nächste Krise. Marktwirtschaftlicher Wettbewerb mittels Innovationen sowohl für Produkte als auch für Produktionsverfahren sind dagegen der weitaus sicherere Weg zu mehr Beschäftigung und Einkommen.
Prof. Dr. Gustav A. Horn
Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung
http://boeckler.de/index_imk.htm
26.3.2013