gustav_horn_portrait_rdax_185x246Die Lehre aus Zypern

Der Fall Zypern hat es erneut gezeigt, um die Krise des Euroraums wirklich zu überwinden, bedarf es eines allseitigen fundamentalen Umdenkens in der europäischen Wirtschaftspolitik. Was an der Oberfläche als eine Debatte um die vermeintliche Rettung  russischer Geldwäscher aufschien, war in Wahrheit ein viel grundlegenderer Streit darum, ob das zypriotische Geschäftsmodell einer Banken- und Steueroase  mit  den Erfordernissen einer Währungsunion vereinbar  ist. Ist es nicht. Denn es basiert schlicht darauf, dass Kapitalströme aus rein steuerlichen und regulativen Gründen aus  anderen Währungsgebieten, aber auch aus den Mitgliedsstaaten des Euroraums zu zypriotischen Banken fließen. Dies geschieht also nicht, weil zypriotische Banken so viel  besser wären als andere, sondern weil man auf diese Art z.B. Steuern sparen kann.

Dies hat nichts mit marktwirtschaftlichem Wettbewerb, wohl aber mit Standortwettbewerb zu tun. Ersterer ist vernünftig, weil er zu besseren und günstigeren Produkten führt. Letzterer ist  schädlich, weil er Volkswirtschaften ruiniert und wirtschaftliche Ressourcen zugunsten reicher Steuerzahler verschwendet. Bevor man aber nun mit dem Finger auf Zypern zeigt, sollte man sich vergegenwärtigen, dass niemand den Standortwettbewerb so perfektioniert hat wie Deutschland, nur nicht mit Banken. Aber die Deregulierung des Arbeitsmarktes, der Ausbau des  Niedriglohnsektors und teilweise  massive Steuersenkungen sind wesentlicher Teil des deutschen Beitrags zu einem Standortwettbewerb, der den Euroraum destabilisiert hat.

Die Krisen der vergangenen Jahre sollten uns aber nun eines gelehrt haben. Nämlich, dass es dieser Form von Wettbewerb nunmehr Einhalt zu gebieten gilt. Neben den  kurzfristigen Rettungsmaßnahmen, die unumgänglich sind, gilt es auf lange Sicht, eine Verständigung unter den Ländern des Euroraums herbeizuführen, wie Wettbewerb im Euroraum stattfinden soll. Eine Fortsetzung des  Standortwettbewerbs mit Steuersenkungen, Lohndruck und Sozialabbau führt in die nächste Krise. Marktwirtschaftlicher Wettbewerb mittels Innovationen sowohl für Produkte als auch für Produktionsverfahren sind dagegen der weitaus sicherere Weg zu mehr Beschäftigung und Einkommen.

 Prof. Dr. Gustav A. Horn

Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung

http://boeckler.de/index_imk.htm

26.3.2013