Die Idee eines geschlechtergerechten Staatshaushaltes, Gender Budgeting, wurde Mitte der 1980er Jahre von australischen WissenschaftlerInnen entwickelt. Dort wurde 1984 auf Initiative der Ökonomieprofessorin Rhonda Sharp versucht, den Staatshaushalt gerechter zwischen Frauen und Männern aufzuteilen. Denn Budgetentscheidungen, sei es in der Haushalts- oder Finanzpolitik, so Sharps Auffassung, sind nicht geschlechtsneutral. Aufgegriffen wurde die Idee in der Folge von der UNO und dem Europarat. Unter den deutschsprachigen Ländern fand das Konzept in Österreich früh und bedeutende Unterstützung. Auf EU-Ebene verpflichtete der Vertrag von Amsterdam (1999) alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Gender Mainstreaming in allen relevanten Politikbereichen umzusetzen. Dabei kann Gender Budgeting als ein wesentlicher Bestandteil der Gender Mainstreaming-Strategie bei finanzwirksamen Entscheidungen der öffentlichen Hand angesehen werden. Im Jahr 2002 beschloss die EU-Finanzministerkonferenz zur Umsetzung der geschlechtergerechten Politik die Einführung des Gender Budgeting bis 2015 anzustreben.

Das Europäische Parlament forderte 2003 in einer Entschließung die Europäische Kommission sowie die Mitgliedstaaten auf, Gender Budgeting umzusetzen. Dabei praktiziert die Kommission Gender Budgeting bei der Verwirklichung der eigenen Politik ebenfalls. So wird bei Legislativvorschlägen, Strategiepapieren und Gemeinschaftsaktionen eine analytische Gleichstellungsprüfung vorgenommen. Auch wirkt die Europäische Union bei der Fördermittelvergabe auf eine geschlechterspezifische Ausweisung der Mittel hin. So wird Gender Budgeting beispielsweise im Rahmen des Europäischen Sozialfonds des Bundes (ESF) angewendet.

Seit 1. Januar 2009 ist Gender Budgeting in der österreichischen Bundesverfassung verankert. Dort wird in jedes Budgetkapitel des österreichischen Bundesvoranschlags ein Abschnitt Genderaspekte des Budgets aufgenommen. Auch in Frankreich, Großbritannien, Belgien, Schweden und anderen nordischen Ländern gibt es bereits erste Ansätze des Gender Budgeting.

Im Bundeshaushalt gab es bisher keine systematische Anwendung von Gender Budgeting. So bekannte die schwarz-gelbe Regierung 2012, dass sie das Konzept für „kein geeignetes Instrument, um die Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen“ halte. Im SPD-Wahlprogramm wie auch im aktuellen Koalitionsvertrag gibt es aktuell noch keine Aussagen zum Gender Budgeting.

Einige Bundesländer, wie Berlin und Bremen, nehmen in Teilen die Prüfung der Finanzströme im Rahmen einer Geschlechterwirksamkeit schon vor. Weit verbreitet ist dies hingegen in den kommunalen Haushalten, so etwa in den Berliner Bezirkshaushalten. Rechtliche Verpflichtungen zur Implementierung in den Bundeshaushalt gibt es hingegen nicht.

Seit der Machbarkeitsstudie die durch die rot-grünen Regierung im März 2006 initiiert wurde ist die Implementierung von Gender Budgeting im Bundeshaushalt keinen weiteren Schritt vorangekommen. Aufgrund dieser ernüchternden Bilanz der vergangenen zehn Jahre sowie der nicht vorhandenen Bereitschaft der Bundesregierung Gender Budgeting in den Bundeshaushalt verbindlich einzuführen, habe ich mich entschlossen mich proaktiv dafür einzusetzen.

Auf meine Initiative hin (vom Ortsverein über Kreis- und Landesebene hin zur Bundesebene) wurde der Beschluss gefasst, dass sich die SPD-Bundestagsfraktion für das Konzept des Gender Budgeting im Bundeshaushalt einsetzt. Dafür werbe ich auf allen diesen Ebenen.

Die Initiative soll keine auf die SPD beschränkte parteipolitische Initiative bleiben, sondern auch wissenschaftlich und zivilgesellschaftlich begleitet werden. Daher kooperiere ich von Beginn an mit der Friedrich-Ebert-Stiftung, um die Initiative fest zu fundieren. Nur mit der breitest möglichen Unterstützung können die Vorurteile und Bedenken, insbesondere im Angesicht des aufkommenden Rechtschauvinismus von Seiten der AfD, beiseite geräumt werden.

Daher fand am 19. Mai 2016 ein Fachgespräch bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Auch hier wurde noch einmal deutlich, wie sehr Deutschland im Vergleich zu Österreich bei der Implementierung von Gender Budgeting im Bundeshaushalt hinterher hinkt.

Größere Transparenz im Bundeshaushalt durch Gender Budgeting ist nötig und kann zur mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen. Wir als SPD wollen mehr Geschlechtergerechtigkeit. Das Gender Budgeting ist ein wichtiger Meilenstein dafür. Diese Herausforderung nehmen wir an und werden dies Schritt für Schritt dezidiert umsetzen.