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Zunächst einmal ist Gerechtigkeit ein diffuser Begriff, schließlich bestimmt unsere subjektive Wahrnehmung, was wir als gerecht oder ungerecht empfinden. Gibt es dennoch objektive Maßstäbe, nach denen sich Gerechtigkeit, hier die Gerechtigkeit innerhalb einer Gesellschaft, bemessen lässt? Aus politischer Sicht kann diese Frage mit einem klaren Ja beantwortet werden.
Ist es gerecht, dass Einkommen aus Vermögen quasi von allein wachsen, während Reallöhne bestenfalls stagnieren, wenn nicht sogar sinken? Oder plastischer ausgedrückt: Ist es gerecht, dass der, der sein Geld für sich arbeiten lässt, am Ende den bei Weitem überflügelt, der seinen Lebensunterhalt mit seiner Hände Arbeit verdient? Ist es gerecht, dass der Vorstand eines erfolgreichen Unternehmens das Hundertfache dessen verdient, was ein Arbeitnehmer am Monatsende auf dem Konto hat? Ist die Arbeit des Vorstandes um so vieles wertvoller als die Arbeit derjenigen, die die Produkte herstellen und die Qualität gewährleisten, die für den Erfolg des Unternehmens unerlässlich ist? Es ist eine Frage der Wertschätzung von Arbeit, gerechte Löhne zu zahlen. Eine Frage von Respekt vor den Mitarbeitern. An Wertschätzung und Respekt mangelt es vornehmlich dort, wo Menschen auf die Hilfe vom Staat angewiesen sind, obwohl sie Vollzeit arbeiten. Diesen Menschen gibt man zu verstehen, dass ihre Arbeit so wenig wert ist, dass der Staat sie, die Menschen, partiell alimentieren muss. Was macht das mit diesen Menschen?
Wie ist es um die Gerechtigkeit einer Gesellschaft bestellt, wenn Chancen ungleich verteilt sind? Wenn Bildung eine Frage des Geldbeutels wird? Es ist nicht gerecht, wenn Talente und Fähigkeiten verkümmern, weil Eltern materiell nicht in der Lage sind, ihre Kinder zu fördern. Neben der Gerechtigkeitsfrage stellt sich die volkswirtschaftliche. Wir lassen Talente brachliegen und beklagen im selben Atemzuge den Fachkräftemangel. Und was macht das mit den jungen Menschen?
Ist es gerecht, wenn Menschen nach ihrem Erwerbsleben von der Hand in den Mund leben? Sich etwas hinzuverdienen, nicht weil sie es wollen, nein, weil sie es müssen? Weil ihre geringen Einkommen die Basis bilden für ihre geringe Rente. Weil die Demontage der gesetzlichen Rentenversicherung ihre Situation zusätzlich verschärft. Fragen, die uns in Zukunft noch mehr beschäftigen dürften.
Ist es gerecht, wenn Mieter nach Jahrzehnten ihre Wohnungen räumen müssen, weil Wohnraum zum Spekulationsobjekt verkommt? Weil andere ihr Geld für sich arbeiten lassen und es mit hoher Rendite für sich arbeiten lassen wollen?
Gerechtigkeit ist der Werkstoff, der eine Gesellschaft zusammenhält, und bröselt dieser Werkstoff, fliegt die Gesellschaft über kurz oder lang auseinander. Insofern ist Gerechtigkeit und mit ihr die Frage von Verteilung ein zentrales Thema. Nicht nur in Wahlkämpfen, vor allem in den Jahren dazwischen, und Politiker täten gut daran, sie in das Zentrum ihres Handelns zu stellen.