Kein Mensch ist illegalAm heutigen Donnerstag, den 2.7.2015, wurde eine Neuregelung der Aufenthaltsbeendigung und des Bleiberechts vorgenommen. Ich halte das Gesetz für ambivalent. Zum einen bringt es uns endlich das stichtagsunabhängige Bleiberecht, zum anderen werden aber im Bereich der Abschiebung Veränderungen vorgenommen, die ich ablehne.

Gerade auf dem sensiblen Gebiet der Flüchtlingspolitik ist es schwierig, Fortschritte zu erzielen, wenn man sich in einer Koalition mit der Union befindet. In dieser Hinsicht ist es den Verhandlungsführern der SPD hoch anzurechnen, dass sie in dem verabschiedeten Gesetzentwurf an einigen Punkten massive Verbesserungen erreicht haben. Das seit Jahren von Flüchtlingsinitiativen geforderte stichtagsunabhängige Bleiberecht wird nun endlich Wirklichkeit. Wer 8 Jahre in Deutschland gelebt hat, sich nachhaltig integriert hat und seinen Lebensunterhalt größtenteils selbst erwirtschaften kann, erhält nun eine dauerhafte Perspektive in unserem Land. Das ist eine massive Verbesserung für viele hier Lebende, die bisher stets mit dem Damoklesschwert der möglichen Abschiebung leben mussten. Für Eltern mit Kindern reichen bereits 6 Jahre Aufenthalt in Deutschland, für Menschen unter 21 Jahren sogar 4 Jahre für das Bleiberecht.

Darüber hinaus haben wir für junge Asylbewerber in Ausbildung eine Bleibegarantie für die Ausbildung erreicht, das Resettlementverfahren festgeschrieben, den Nachzug von Familienangehörigen vereinfacht, Opfern von Menschenhandel bei Kooperation eine Bleibeperspektive ermöglicht, die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen erleichtert und einiges mehr.

Leider musste man diese Verbesserungen der Union hart abringen, was nur gegen Zugeständnisse an anderer Stelle geschehen konnte. Die medial stark kritisierte Begründung der Abschiebehaft stellt dabei in meinen Augen noch ein kleineres Problem dar. Hier wird nun nur festgesetzt was bisher bereits Praxis war, an einigen Stellen konnte man hier sogar Entschärfungen erreichen. Sehr problematisch sehe ich den neu geschaffenen viertägigen Ausreisegewahrsam, der Menschen, die vor der Abschiebung stehen nun ereilen kann. Außerdem werden neue Einreise- und Aufenthaltsverbote geschaffen. Auch wenn man weitergehende Wünsche der Union zurückweisen konnte und der Anwendungsbereich reduziert wurde, werden hier Menschen mit einem Einreiseverbot belegt, die bei einem vorherigen Asylverfahren abgelehnt wurden, sich aber in keiner Weise etwas zu Schulden haben kommen lassen. Diese beiden Punkte sind für mich absolut ablehnenswert.

Im politischen Alltag müssen viele Kompromisse getätigt werden, jedoch kann es nicht sein, dass die Menschenrechte auf dem Basar der Politik verhandelt und gegeneinander abgewogen werden. Es ist unsere Aufgabe diese Rechte zu schützen und nicht sie soweit zu beschneiden, wie es gerade opportun erscheint. Aus diesem Grund lehne ich die oben genannten Änderungen im Gesetz klipp und klar ab.