Kurz vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause hat der Bundestag am 7. Juli 2016 das Integrationsgesetz beschlossen. Sechs Jahrzehnte nach dem Beginn der Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland gibt es nun erstmalig ein eigenständiges Integrationsgesetz. Auf diesen Schritt hatte die SPD-Bundestagsfraktion lange gedrungen: wir bekennen uns per Gesetz zur Integration geflüchteter Menschen.

Das Gesetz beinhaltet unter anderem wichtige Erleichterungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt: so wird etwa die Vorrangprüfung in Gebieten mit guter Arbeitslage befristet für drei Jahre bei Asylsuchenden und Geduldeten ausgesetzt.  Darüber hinaus werden 100.000 zusätzliche Arbeitsgelegenheiten aus Bundesmitteln für anerkannte Geflüchtete geschaffen. Auch der Zugang zum Ausbildungsmarkt wird erleichtert und es wird mehr Rechtssicherheit bei der Berufsausbildung geschaffen – für Betriebe wie für Geflüchtete.

Doch das neue Gesetz, das unter dem Motto „Fordern und Fördern“ steht, hat auch weniger erfreuliche Seiten. Einer meiner Kritikpunkte ist, dass mit den Regelungen suggeriert wird, dass Geflüchtete Integrationsangebote nicht wahrnehmen würden und unter Sanktionsandrohung zur Teilnahme an Integrationskursen gezwungen werden müssten. Tatsächlich jedoch muss erstmal ein hinreichendes Angebot an Eingliederungshilfen geschaffen werden.

Auch teile ich die Kritik vieler Verbände wie PRO ASYL an der im Gesetz verankerten Wohnsitzauflage. Die vorgesehene Verpflichtung zur Wohnsitznahme in einem bestimmten Bundesland oder Ort berücksichtigt lediglich das Steueraufkommen und die Bevölkerungsgröße. Dies sind jedoch keinerlei Indikatoren, die für die ökonomische und gesellschaftliche Integration relevant sind. Darüber hinaus teile ich die von Aziz Bozkurt, Vorsitzender der AG Migration und Vielfalt, formulierte Kritik an der im Gesetz vorgesehenen Wonsitzauflage. So wurde auch die Residenzpflicht jahrzehntelang mit der Begründung aufrechterhalten, die Menschen würden sich bei einer Aufhebung nur noch in den Großstädten aufhalten. Die Realität jedoch zeigt, wie wenig diese Behauptung zutrifft.

Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, kritisierte das Gesetz als „unpräzise“. Es reiche nicht aus, bei der Bewilligung von Integrationskursen ausschließlich auf die Schutzquote von mindestens 50 Prozent bei Asylanträgen aus einem bestimmten Herkunftsstaat zu schauen. Das Gesetz nehme zu wenig Rücksicht auf die Einzelfälle und beachte die individuelle Perspektive eines jeden Menschen nicht genügend.

Wir haben mit dem Integrationsgesetz einen Anfang dafür gemacht. Zugezogene können nun schnell auf eigenen Beinen stehen und Teil unserer Gesellschaft werden. Allerdings sind weitere Schritte und in der Integrationspolitik und dem Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete unumgänglich. Die SPD-Bundestagsfraktion will noch im Herbst dieses Jahres einen Entwurf für ein Einwanderungsgesetz vorlegen.

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