Wochenlang haben sich die Unionsparteien CDU und CSU einen Machtkampf geliefert, der das Vertrauen in die Politik schwer beschädigt hat. Geflüchtete wurden zum Gegenstand dieses Machtkampfes gemacht. Nicht auf eine europäische Lösung warten, sondern sofort handeln – das war das CSU-Mantra zu Beginn des Streits.
Nachdem Horst Seehofer seinen Rücktritt bereits angeboten hatte, hieß es plötzlich man habe sich geeinigt. Die Union tat so, als habe sie einen Kompromiss im Asylstreit gefunden. Tatsächlich haben Merkel und Seehofer ihren Konflikt nur abgeschoben. Zur SPD und nach Österreich. Die gemeinsame Forderung: Transitzentren müssen her. Zu dieser Idee gehört es, dass die dort Festgehaltenen nicht als eingereist gelten sollen und Personen, die in einem anderen Staat einen Asylantrag gestellt haben oder registriert worden sind, dorthin zurückgewiesen werden.
Meine Haltung und die der SPD war von Anfang an: Die Idee solcher Transitzentren ist Quatsch. Sie ist politisch verheerend und entbehrt jeder rechtlichen Grundlage.
Während die Union sich gestritten hat, hat der SPD Parteivorstand einen Fünf Punkte Plan beschlossen „Miteinander statt Gegeneinander“ – Fünf Punkte für eine europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik. Eine zentrale Forderung ist, die Freizügigkeit zu erhalten und keine nationalen Alleingänge bei der Rückweisung von Asylsuchenden an den Binnengrenzen zuzulassen. Dieser Plan ist sicherlich nicht abschließend und meiner Ansicht nach nicht radikal genug, aber die SPD hat bewiesen, dass sie Sachpolitik betreiben will und sich um eine humane Flüchtlings- und Migrationspolitik bemüht.
Am Donnerstagabend den 05.07.2018 haben sich SPD und CDU/CSU im Koalitionsausschuss auf ein Maßnahmenpaket in der Asylpolitik geeinigt. Die SPD hat in den Beratungen einen neuen Vorschlag vorgelegt, orientiert am Fünf-Punkte-Plan der SPD. Die Koalitionspartner haben diesen Vorschlägen zugestimmt. Der nationale Alleingang ist damit vom Tisch.
Damit konnten sich die Sozialdemokraten in allen wichtigen Punkten durchsetzen:
- Das Recht auf Asyl gilt uneingeschränkt.
- Es gibt eine Lösung mit Europa und nicht gegen Europa.
- Nationale Alleingänge sind ausgeschlossen.
- Mitgliedstaaten mit besonderen Herausforderungen werden unterstützt.
- Besserer Schutz der gemeinsamen Außengrenzen der EU.
- Das Einwanderungsgesetz wird noch in diesem Jahr im Kabinett beschlossen.
- Es wird keine geschlossenen Lager geben; sie standen für die SPD nie zur Debatte.
- Es wird keine einseitigen Zurückweisungen an der Grenze geben. Gesetzliche Änderungen dazu wurden nicht vereinbart.
- Rechtsstaatliche Verfahren sind garantiert.
- Asylverfahren werden beschleunigt.
Dieses Ergebnis ist gemessen daran, dass es ein Kompromiss mit der Union ist, ein Erfolg. Insgesamt jedoch macht mir Sorge, dass die Diskussion um den Umgang mit Geflüchteten nach rechts rückt und es nur schwer vorstellbar ist, dass Horst Seehofer sich an unsere Beschlüsse hält.