Im Deutschen Bundestag wurde am Freitag, 13.05.2016 über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einstufung Algeriens, Marokkos und Tunesiens als „sichere Herkunftsstaaten“ abgestimmt.
Ich habe in den letzten Jahren mehrmals öffentlich meine grundsätzlich kritische Haltung zum Konzept der „sicheren Herkunftsstaaten“ deutlich gemacht. Auch im Falle der Maghreb-Staaten halte ich den Gesetzentwurf der Bundesregierung für höchst problematisch.
„Sichere Herkunftsstaaten“ sind Staaten, bei denen aufgrund der allgemeinen politischen Verhältnisse die gesetzliche Vermutung besteht, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet (§ 29a AsylVfG). Die Ausweitung des Systems sicherer Herkunftsstaaten schwächt das Recht auf Asyl. Beim Grundrecht auf Asyl handelt es sich um ein individuelles Recht, das zwingend eine Prüfung im Einzelfall verlangt. Jeder dieser Einzelfälle verdient Beachtung. Die Einstufung hat Auswirkungen auf das Asylverfahren: In Umkehr der Beweislast werden Asylanträge von Staatsangehörigen „sicherer Herkunftsstaaten“ als offensichtlich unbegründet abgelehnt, solange dies nicht vom Asylbewerber widerlegt werden kann. Die Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten, die im Asylpaket I ihren Beginn gefunden hat, soll lediglich der schnelleren Abwicklung von Asylverfahren dienen.
In den Maghreb-Staaten ist die Menschenrechtslage „prekär“, insbesondere für Lesben und Schwule. Zahlreiche Landesverbände der AG Lesben und Schwule in der SPD lehnen die geplante Einstufung Algeriens, Tunesiens und Marokkos als „sichere Herkunftsstaaten“ entschieden ab. Asylbewerber, denen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Orientierung wegen Verfolgung und Verlust der körperlichen Unversehrtheit drohen, wird ein Bleiberecht erschwert. In allen drei Ländern bestehen gesetzliche Regelungen, die einvernehmliche sexuelle Kontakte zwischen gleichgeschlechtlichen Erwachsenen unter Strafe stellen. Diese Gesetze werden auch aktuell angewandt und entsprechende Strafen vollstreckt. Queere Menschen müssen dort daher unter der ständigen Angst leben, verurteilt und bestraft zu werden. Des Weiteren besteht in allen drei Staaten die Todesstrafe und wird auch von Gerichten verhängt. Demonstrations- und Meinungsfreiheit werden nicht ausreichend gewährleistet.
Anstatt immer mehr Staaten zu vermeintlichen „sicheren Herkunftsstaaten“ zu erklären, ist es vielmehr notwendig auf eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik hinzuarbeiten. Eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa ist dabei unerlässlich.