Günter König (1933-2015) – ein Leben in und für Kreuzberg

Im Alter von 82 Jahren ist unser hoch geschätzte Genosse und ehemalige Kreuzberger Bürgermeister Günter König verstorben. Günter war durch und durch Kreuzberger. Die Geschichte des Bezirks hat er von der Nachkriegszeit über die Zeit der Teilung bis zur Wiedervereinigung politisch hautnah gelebt, erlebt und geprägt.

Günter König SPD Berlin

Während der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs wuchs Günter in der Naunynstraße auf. Die Familie König hatte es nicht leicht und musste sich durchschlagen. Doch lernte Günter in dieser Zeit auch, was es bedeutet, zu den eigenen Prinzipien zu stehen. Denn Günter sollte aufgrund seiner guten schulischen Leistungen auf die Nazi-Elite-Schule Napola geschickt werden. Doch dieses Angebot und die damit verbundenen Vorteile wurden von seiner Mutter aus Prinzip ausgeschlagen, denn mit den Nationalsozialisten wollte die politisch links stehende Familie König nichts zu tun haben.

Während der Zeit der Luftangriffe auf Berlin (1943 bis 1945) wurde Günter gemeinsam mit seinem Bruder und seiner Mutter in den Spreewald evakuiert. Die Befreiung Berlins durch die Rote Armee erlebte er in Berlin und war den sowjetischen Befreiern auch Jahrzehnte später noch dankbar für deren Hilfe nach Kriegsende.

In den Erlebnissen seiner Kindheit und Jugend lagen die Wurzeln von Günters politischem und sozialem Engagement. Nach seinem Schulabschluss auf der Robert-Koch-Schule in der Dieffenbachstraße begann er sein Arbeitsleben als Dienst- und Beamtenanwärter im Bezirksamt Kreuzberg. Dort lernte er den legendären Kreuzberger Bürgermeister der 1950er Jahre Willy Kressmann kennen. Später war er sogar direkt für ihn als Büroleiter tätig. Günter war seit 1956 Gewerkschaftsmitglied und trat drei Jahre später, 1959 in unsere Partei ein.

Im Jahr 1971 wurde Günter erstmals in die Kreuzberger Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Bereits vier Jahre später wurde er Bezirksstadtrat für Jugend und Sport. Dieses Amt hatte Günter bis 1989 inne. Seine Zeit als Stadtrat war geprägt von den Veränderungen der 1970er und 1980er Jahre. Themen wie die hohe Jugendarbeitslosigkeit, eine breite Bürgerbeteiligung und zahlreiche Hausbesetzungen standen zu dieser Zeit auf der kommunalpolitischen Agenda Kreuzbergs.

Der Höhepunkt seiner kommunalpolitischen Karriere war die Zeit als Kreuzberger Bürgermeister von 1989 bis 1992. In diese Zeit fiel der Mauerfall am 9. November 1989. Dieses historische Ereignis erlebte Günter nicht, wie man vermuten könnte in Kreuzberg, sondern in der nicaraguanischen Partnerstadt Kreuzbergs San Rafael del Sur. Erst zwei Tage später, am 11. November war Günter wieder in Berlin und es begann für ihn eine sehr intensive und herausfordernde Zeit als Bürgermeister.

So waren in den ersten Tagen nach der Grenzöffnung die Banken rund um das Schlesische Tor mit dem Ansturm auf das Begrüßungsgeld völlig überfordert. Kurzerhand organisierte Günter aus der Partnerstadt Wiesbaden zahlreiche Busse, die die BesucherInnen zum Rathaus in die Yorckstraße brachten, so dass sie dort ihr Begrüßungsgeld abholen konnten.

Auch nachdem Günter König nicht mehr in der ersten Reihe der Politik tätig war, setzte er sich für ein lebenswertes Kreuzberg ein. Der Kampf für bezahlbaren Wohnraum und gegen die Übermacht des Profits war für ihn besonders wichtig, denn nur so kann Kreuzberg seine einzigartige soziale Struktur erhalten und lebenswert bleiben. Auch die Politisierung der BürgerInnen war Günter bis zu seinem Tode ein wichtiges Anliegen. Hier sehe ich mich in seiner Tradition und werde mich wie bisher für bezahlbare Mieten, den Erhalt der Kiezstrukturen und für mehr soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Unvergessen bleiben die Menschlichkeit, die Herzlichkeit und die Hilfsbereitschaft von Günter König. Ich persönlich habe Günter König sehr geschätzt und bin ihm sehr dankbar für seine persönliche Unterstützung im Wahlkampf und darüber hinaus. Die Gespräche mit ihm, den Austausch an Erfahrungen habe ich stets als wertvolle Bereicherung und hilfreich für meine politische Arbeit empfunden. Er wird mir und ganz Kreuzberg fehlen.

Die Trauerfeier findet am 22. September 2015, um 10 Uhr im St. Thomas Kirchhof, Hermannstr. 179-185, 12049 Berlin statt.

Darüber hinaus wird es eine Gedenkveranstaltung mit dem Bezirksamt und der Bezirksverordnetenversammlung am 05.10.2015, 18 Uhr im Nachbarschaftshaus, Urbanstr. 21, 10961 Berlin geben.