Ein Mensch muss ein biblisches Alter von 125 Jahren erreichen, will er bei Riester-Verträgen in den Genuss einer Rendite in Höhe von 2,5 % kommen.
Will man allein die eingezahlten Riester-Beiträge und die darauf erzielten staatlichen Zulagen erhalten, muss man einen sehr langen Atem von 87 Jahren haben. „Riester-Sparer werden in vielen Fällen so viel Rendite erzielen, als hätten sie ihr Kapital im Sparstrumpf gesammelt“, so das Resümee von Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Oder anders ausgedrückt: Die an die Riester-Rente geknüpften Erwartungen wurden bei Weitem nicht erfüllt.
Auch die Inanspruchnahme von Riester-Verträgen bleibt hinter den Erwartungen zurück. Mehr als die Hälfte der Anspruchsberechtigten hat keinen Riester-Vertrag. In der Gruppe derer, die es am nötigsten hätten, haben 85 % keinen Riester-Vertrag. Sie können es sich nicht leisten. Bei den Höchstverdienern hingegen ist die Riester-Rente durchaus beliebt. Sie wird demnach von den Besserverdienenden mitgenommen. Und wie verhält es sich eigentlich mit den Renditen im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung? Auch hier Fehlanzeige! Die Renditen der kapitalgedeckten Altersvorsorge bewegen sich weit unterhalb der Renditen der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung. Das liegt auch daran, dass Banken und Versicherungen aufgrund intransparenter Kalkulationen einen erheblichen Teil der staatlichen Zulagen für sich abzweigen.
Die auf dem Umlageverfahren basierende gesetzliche Alterssicherung wurde in den letzten Jahren gründlich umgekrempelt. Es wurde ein Paradigmenwechsel vollzogen. Die Lebensstandardsicherung musste der Beitragssatzorientierung weichen. Politisch willkürlich wurde festgelegt, dass der Beitragssatz bis 2030 nicht über 22 Prozent steigen soll. Im Gegenzug soll das Leistungsniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenniveau) bis zum Jahr 2030 um ein Fünftel sinken. Unter den 34 OECD-Ländern liegt Deutschland beim Rentenniveau schon heute an letzter Stelle. Ohne die Reformen wäre der Beitragssatz auf 26 Prozent gestiegen, hätte man das Leistungsniveau aufrechterhalten wollen. Das bedeutet nun, dass mit den Reformen mehr Beitragsjahre notwendig sind, um das Rentenniveau zu halten. So muss ein Durchschnittsverdiener bei geltender Rechtslage 34 Jahre Rentenbeiträge zahlen, um eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu erhalten (vor den Reformen 27 Jahre). Zudem ist ein niedriges Rentenniveau umso problematischer, wenn gleichzeitig der Niedriglohnsektor ausgeweitet wird. Wenn nichts passiert, wird dies in Zukunft zu breiter Altersarmut führen.
Die entstehende Rentenlücke soll durch private Altersvorsorge gedeckt werden. Sinkt damit die Gesamtbelastung für die Alterssicherung? Nein! Ein einfaches Beispiel: Der Beitragssatz ohne Reformen läge bei 26 Prozent. Bei paritätischer Finanzierung würde sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer jeweils 13 Prozent Beiträge leisten. Laut geltender Rechtslage soll der Beitragssatz von 22 Prozent im Jahr 2030 paritätisch mit jeweils 11 Prozent finanziert werden. Und hier steckt der Teufel im Detail! Warum? Weil die Rentenlücke von 4 Prozent von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern selbst zu tragen ist – nämlich durch die kapitalgedeckte private Altersvorsorge. Während der Arbeitgeber also nur 11 Prozent der Altersvorsorge seiner Beschäftigten trägt, haben die Beschäftigten eine Belastung von 11 + 4 = 15 Prozent. Hat sich volkswirtschaftlich gesehen die Gesamtbelastung geändert? NEIN! Denn: 11+ 15 = 26 Prozent. Die Kosten der Alterssicherung haben sich lediglich einseitig auf die Arbeitnehmerschaft verschoben.
Angesichts der jüngsten Finanzkrise noch mehr Kapital in die Branche zu stecken, wäre ökonomischer Unsinn. Die OECD hat der umlagebasierten gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland attestiert, eines der krisensichersten Rentensysteme überhaupt zu sein. Unter Berücksichtigung oben genannter Nachteile kann als Fazit festgehalten werden: Umlageverfahren schlägt Kapitaldeckung!
Links:
Kiziltepe, Cansel/Schreiner, Ottmar: „Randnotizen zum Rentendisput in der SPD“, in: Armut im Alter – Probleme und Perspektiven der sozialen Sicherung“, Campus Verlag 2012
WISO Diskurs – Grundstruktur eines universellen Alterssicherungssystems mit Mindestrente